Herkunft und Geschichte
Seit dem Erlöschen der Rasse "Dreifarbiger Württemberger" zu Beginn des 20. Jahrhunderts gilt der Weimaraner als die wohl älteste in Deutschland gezüchtete Vorstehhunderasse. Mit Sicherheit ist er die älteste Vorstehhunderasse, die rein gezüchtet wird und dies seit dem Jahre 1878.
Reinzucht bedeutet, dass die Einkreuzung fremder Rassen verboten ist. So wurde denn bis in die Mitte des vorletzten Jahrhunderts nur eine verschwindend geringe Anzahl von englischen Pointern, die Vorstehhundespezialisten schlechthin, in die Weimaraner - Population eingekreuzt. Dies bewirkte, dass der Weimaraner mehr ist als nur ein Vorstehhund. Er entwickelte sich zum vielseitigen Jagdgebrauchshund, der sein Leithunderbe (Vorfahr des Schweißhundes) in erheblicher Stärke bewahrte. Und dies erweist sich heute als sehr vorteilhaft für die Arbeit nach dem Schuss. Eine seiner Stärken ist daher auch das Finden und Nachsuchen von krankgeschossenem Wild.
Die Frage, ob der Weimaraner bereits am Hofe zu Weimar gezüchtet wurde, scheint weniger bedeutsam, als die Gewissheit, dass die Rasse als sogenannten Landschlag schon um 1800 in Thüringen und Sachsen entstanden ist.
Die deutschen Jagdschriftsteller des 18. Jahrhunderts kennen Jagdhunde meist nur als Stöberhunde, die das Wild aus der Dickung treiben. Von ihnen ist nur wenig über die Herkunft des Weimaraners zu erfahren. Will man aber mehr über die Herkunft der grauen Hunde wissen, muss man schon bis ins 17. Jahrhundert und weiter zurückgehen. Am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig des XIV. nahm die Jagd, eine zentrale Stellung ein. Ein Gemälde des Hofmalers Jean Baptiste Oudry (1686 - 1755) zeigt einen silbergrauen Jagdhund, der einen Fasan vorsteht. Die Ähnlichkeit mit dem heutigen Weimaraner ist frappierend, nicht nur was die Farbe betrifft, sondern auch die ovale Form der Pfoten, die kräftige Rute, und die Art wie sie gehalten wird, erinnert stark an die grauen Vorstehhunde von heute.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wäre die Rasse Weimaraner fast ausgestorben. Es gab nicht wenige Jagdkynologen in Deutschland, die ihm dasselbe Schicksal gewünscht hätten, wie dem alten Dreifabrigen Württemberger, der in unbegreiflich ignoranter Art und Weise zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgelöscht wurde.
Das der Weimaraner die düsteren Zeiten der Intoleranz überlebte, verdankt er seinem Förderer Robert Herber (1867 - 1946). Er hat es in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts geschafft, dass der silbergraue Vorstehhund sich als eigenständige Rasse behauptete.
Den Weimaraner gibt es in den beiden Haarvarianten kurz und lang. Die langhaarige Variante wurde erstmals 1934 auf einer Ausstellung in Wien der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Jagdschriftsteller Hegendorf sah dort einen langhaarigen Rüden und war so beeindruckt von dessen Erscheinung, dass er über die Entwicklung des langhaarigen Weimaraners publizierte.
Dennoch ist über die Entstehung es langhaarigen Weimaraners wenig bekannt. Dies verwundert umso mehr, wenn man bedenkt, dass es den langhaarigen wahrscheinlich schon solange gibt, wie den kurzhaarigen Weimaraner. Vielleicht lässt er sich durch die Vorlieben jener Zeit als auch biologisch durch den versteckten Erbgang beim Weimaraner Langhaar erklären. Kurzhaar dominiert bei der Vererbung Langhaar eindeutig, was auch heißt, dass Langhaar x Langhaar als rezessiver Erbgang immer langhaarige Welpen gibt. Aus kurzhaarigen Elterntieren hin und wieder langhaarige Welpen fallen. Wahrscheinlich aus Modegründen, kurzhaarige Jagdhunde waren das Ideal der wilhelmischen Zeit, wurde kein Wert auf langhaarige Welpen gelegt. Vielleicht vermuten Züchter, dass man ihnen einen Verstoß gegen das Gebot der Reinzucht unterstellen würde und sie deshalb glaubten, alle langhaarigen Welpen töten zu müssen. Aus heutiger Sicht eine unverständliche Maßnahme.
Aussehen und Verwendung
In seiner Gesamterscheinung ist der Weimaraner ein mittelgroßer bis großer Jagdhund. Rüden 59 - 70 cm; Hündinnen 57 - 65 cm Schulterhöhe. Er ist formschön, sehnig und mit kräftiger Muskulatur ausgestattet.
Die Farbskala reicht von silber-, reh- oder mausgrau bis zu Übergängen zwischen diesen Farbtönen. Kopf und Behänge sind meist etwas heller. Weiße Abzeichen sind nur auf der Brust und an den Zehen zulässig. Gelegentlich findet sich über der Rückenmitte ein mehr oder weniger gut ausgeprägter dunkler Aastrich. Die Augen sind bernsteinfarben, je nach Pigmentierung heller oder dunkler. Sie erinnern in keinster Weise an das Habichtsauge, wie manchmal geschrieben wird. Ein Vergleich, den einige unbelehrbare Autoren noch heranziehen, um den Weimaraner zu diskriminieren.
Die beiden zentralen Zuchtziele des Weimaraners sind der vielseitige, leichtführige und passionierte Jagdgebrauchshund mit systematischer und ausdauernder Suche, jedoch nicht mit überschäumenden Temperament und gleichzeitig die Erhaltung des Erbgutes des Leithundes, das sich in der Neigung zeigt, mit tiefer Nase zu arbeiten, als seine Veranlagung zum Spur- und Fährtenhalten. Letztgenannte Fähigkeit prädestiniert den Weimaraner vor allem zur Arbeit nach dem Schuss, mithin zur Schweißarbeit und dem Verlorenbringen. Seine Nase ist von bemerkenswerter Güte, er ist raubwild-, raubzeug- und wildscharf.
In der Feld- und Wasserarbeit hat er in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und steht in seinen Leistungen anderen Vorstehhunderassen in nichts nach. Dieser züchterische Erfolg spiegelt sich auch in den sehr guten Ergebnissen wieder, welche die Weimaraner auf den Verbandsprüfungen erzielen. Die erforderliche seelische und körperliche Robustheit für diese Aufgaben ist selbstverständlich und ebenfalls Zuchtziel der Rasse. Sein ausgeprägtes Territorialverhalten verleiht ihm zudem Schutz- und Wachhundeeigenschaften. Was den Weimaraner von anderen Jagdhunden unterscheidet, ist die große Anhänglichkeit und Führigkeit, sein angewölftes Schutzverhalten sowie seine auffallend graue Farbe in allen Schattierungen.
Kritiker des Weimaraners bemängeln hier und da den fehlenden Laut der silbergrauen Hunde. Sie haben sich wohl kaum mit der Geschichte der Rasse als auch über das gegenwärtige Leistungsvermögen des Weimaraners in diesen Fragen informiert. Denn in der Ostermannschen Statistik ist nachzulesen, dass der Weimaraner was den Spur- und Sichtlaut betrifft, gar nicht so schlecht dasteht, wie er von einigen gemacht wird. Auf sein Leithunderbe ist es zurückzuführen, dass der Spur- bzw. Sichtlaut beim Weimaraner nicht ganz so ausgeprägt ist, wie bei einigen anderen Gebrauchshunderassen. Dies hat man aber schon vor längerer Zeit erkannt und die Bestrebungen den Spur- bzw. Sichtlaut züchterisch zu festigen, machen ansehnliche Fortschritte. Es dauert halt mal ein wenig länger bei Rassen, die sich der Reinzucht verschrieben haben, bestimmte Merkmale genetisch zu fixieren. Doch wenn dies gelingt, dann geschiet es umso konstanter. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Linien in der Weimaranerzucht, deren Hunde durchweg Lautjager sind.
Das der Weimaraner Klub mit der konsequenten Einhaltung seiner Zuchtziele den richtigen Weg beschreitet, beweist die ständig steigende Nachfrage nach Welpen aus Jägerkreisen und der starke Mitgliederzuwachs in den letzten Jahren. Im Jahr 1972 betrug die Mitgliederzahl gerade mal 300 Personen, es fielen in dieser Zeit im Schnitt 130 Welpen pro Jahr. 2010 wurde die beachtliche Zahl von rund 3.000 Mitgliedern erreicht. Zurzeit fallen im Schnitt ca. 600 Welpen im Jahr.
Es ist einleuchtend, dass der Weimaraner aufgrund seiner Entwicklung und seiner Eigenschaften nur in Jägerhände gehört. Es ist kein Begleithund sondern ein Jagdhund durch und durch und als solcher benötigt er die Arbeit im praktischen Jagdbetrieb, um sein ausgeglichenes Wesen zu bewahren.
Verbreitung
Zehn Landesgruppen betreuen heute in Deutschland die Mitglieder an der Basis und zeichnen Verantwortliche für Verbandsprüfungen und Zuchtschauen - die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Zucht, gemäß dem Wahlspruch von Robert Herber:
"Nicht die Rasse, sondern die Zuchtauswahl aus ihr ist die Bürgschaft für höchste Form und Leistung."
Der Weimaraner findet in der ganzen Welt seine Liebhaber. Zuchtvereine gibt es überall in Europa. Von Skandinavien über England bis Italien und von Spanien bis Polen schätzt man seine jagdlichen Fähigkeiten. Auch in Übersee ist er zu Hause, so z. B. in den USA, wo er nach dem 2. Weltkrieg große Verbreitung fand. Aber auch in Südamerika, Australien, Neuseeland, Afrika und Japan wird er als Jagdhund geführt. Vertreter der ausländischen Vereine halten regen Kontakt zum Mutterverein, denn die Zuchtbestimmungen des deutschen Weimaraner Klubs finden auch dort ihre Anerkennung.
So nahmen denn aus Verbundenheit zum Ursprungsland Freunde der Rasse aus 14 Nationen an den Feierlichkeiten zum hundertjährigen Bestehen des Weimaraner Klub e. V. 1997 in Weimar teil.
Der Weimaraner Klub e. V. ist Mitglied im Jagdgebrauchshundeverband (JGHV) und im VDH (FCI).
Jochen Mack